Am 15ten Juli 2010 erschütterte eine Meldung die J-Rock Szene.
Daisuke Oshida, der Sänger von
kagerou und
the studs, welcher in zwei Wochen 32 geworden wäre, wurde tot in seinem Apartment in Shibuya aufgefunden. Sein Tod kommt völlig überraschend und ist für seine Fangemeinde auf der ganzen Welt ein großer Schock. Gerade für diejenigen mit Sorge um die Zukunft seiner Soloprojekte und auch diese, die sich heimlich, durch einige Comebacks japanischer Rockgrößen, eine Rückkehr seiner bekanntesten Band
kagerou wünschten. Im folgenden Artikel möchten wir den Verlauf seiner Karriere beleuchten und euch den wunderbaren Musiker, sowie fantastischen Menschen vorstellen, der er war.
Daisuke Ochida wurde am 30ten Juli 1978 in Tokio geboren und war bis zu seinem Ende eng mit dieser Stadt verbunden. Schon früh wurde bei ihm ein Herzleiden diagnostiziert, was zwar seine Wahrnehmung beeinflusste,
Daisuke aber nicht von dem aktiven Leben abhielt, das er führen wollte.
Zum ersten Mal kam er als Teenager mit Musik in Berührung, als er sich ursprünglich dazu entschied Drums zu spielen. So begann er seine erfolgreiche Karriere als Drummer der Band
Le'Cheri, die sich, nach dem Release ihres ersten Demotapes, in
Fatima umbenannte. Von Anfang an wurde er eng mit der Visual Kei Szene in Verbindung gebracht.
Le'Cheri, später bekannt als
Fatima, lassen sich eindeutig diesem Stil zuweisen.
Daisuke selbst konnte man oft mit Make-Up, blauen Haaren oder Kostümen, die von medizinischen Personal inspiriert waren, erleben, was zu dieser Zeit nicht unüblich in der Szene war. Unglücklicherweise lief etwas schief und mit der Veröffentlichung der ersten Single entschied er sich,
Fatima zu verlassen. Wie es so oft mit den Privatsphären liebenden Japanern ist, wurden die wahren Gründe für diese Entscheidung nie öffentlich bekannt gegeben. Wir können nur vermuten, dass
Daisuke genug davon hatte „Nummer Vier“ zu sein (siehe das Cover der Single
Downer) und im Schatten der Anderen zu stehen. Wie er später erklärte:
„Wenn du Drums spielst, sind deine Ausdrucksmöglichkeiten begrenzt. Deswegen bin ich jetzt Sänger und in der Lage meine Gefühle besser ausdrücken zu können.“
Man sagt, dass
Daisuke nach dem Verlassen von
Fatima ziemlich niedergeschlagen war und
Kyo, selbst Sänger der Band
Dir en grey, ihm zu dieser Zeit half, seinen eigenen Weg als Sänger zu versuchen.
Daisuke hatte die besten Voraussetzungen: Gutes Aussehen, eine großartige Stimme, also zwei wichtige Bedingungen, sowohl stimmliche Qualität, als auch eine imposante Bühnenpräsenz. Ob diese Geschichte wahr ist oder nicht ist irrelevant. Denn das Wichtigste ist, dass
Daisuke sich als Sänger komplett entfalten konnte. Mit der Zeit bekam er den Titel des „Charisma Sängers“ zugesprochen. Als dieser wurde er seinen Fans auf der ganzen Welt bekannt.
Mitte 1999, ein paar Monate nachdem er
Fatima verlassen hatte, gründete
Daisuke mit dem Bassisten
Masaya eine Band, die zu den ersten Pionieren der J-Rock Bewegung in Europa werden sollte -
kagerou. Schnell wurden sie von dem Gitarristen
Yuana unterstützt, der ein Freund von
Fatima's Sänger ist. Wir könnten ausführlich über
kagerou's Geschichte und Erfolge schreiben, doch dafür ist hier jetzt weder Platz noch Zeit. Bitte schaut euch dafür das Bandprofil auf unserer Seite an. Nichtsdestotrotz sollte man erwähnen, dass
Daisuke's Einzigartigkeit gerade bei
kagerou zu spüren war. Während andere japanische Künstler hauptsächlich auf visueller Ebene, mit prächtigen Kostümen, ausgefallenem Make-Up und ausschweifenden Bühnenprogrammen, zu überzeugen versuchten, trennte sich
Daisuke von seinen Visual Kei Wurzeln. Und fand seinen eigenen Stil, mit einer Vorliebe für besondere Anzüge und radikal geschminkten Augen.
Die Rolle des Sängers ermöglichte es
Daisuke, alles mit den Menschen teilen zu können, was er teilen wollte. Er betonte oft in Interviews, dass seine Texte und Musik (er komponierte nur ein paar Songs wie zum Beispiel
Uramigoto und
Shikkou yuuyo sannen) aus seinem Herzen kommen und seine Erfahrungen, Gedanken und Wünsche wiederspiegeln. Es lag nicht in seiner Natur, seine wahren Gefühle zu verbergen. Durch das Singen wurde
Daisuke nicht nur zum Botschafter seiner selbst, sondern formulierte auch die Botschaft der Band in Worte. Selbst der Bandname
kagerou bezog sich auf sein Leben und nun auch auf seinen Tod. Kagerou bedeutet Eintagsfliege und ist im Japanischen eine Metapher für die Vergänglichkeit des Lebens. In einem Interview für JaME hat
Daisuke gesagt:
„kagerou bedeutet Vergänglichkeit... Warum Vergänglichkeit? Nun ja, weil so ein Insekt nicht weiß, dass es ausgewachsen nur 24 Stunden lebt. Wie dieses Insekt möchten wir, dass die Band jede Minute so intensiv lebt, als wären ihr nicht mehr viele gegeben. Selbst wenn ein menschliches Wesen 80 bis 90 Jahre leben kann, wollen wir diese Zeit so intensiv wie möglich nutzen. Deswegen haben wir die Band kagerou genannt.“
Nicht wissend was die Zukunft für ihn geplant hatte, gab
Daisuke immer sein Bestes für seine Projekte und seine Fans. Dank seines unbestreitbaren Charismas und seines eindringlichen Auftretens, hatte er die Anerkennung seiner Fans sicher und
kagerou gewannen zusehends an Bekanntheit, nicht nur in seinem Heimatland. Auch wenn er zugab Angst vorm Fliegen zu haben, konnte ihn das nicht davon abhalten zwischen den Kontinenten hin und her zu fliegen, aufzutreten und neue Fans zu treffen. Nur zwei Jahre nach der Bandgründung hatten sie schon ein Konzert in Hong Kong und 2003 besuchten sie Shanghai. 2005 waren
kagerou eine der ersten Bands die nach Europa gekommen sind
und damit ihren offensichtlichen Teil für den J-Rock Boom beigetragen haben. Das europäische Publikum flippte bei diesem zierlichen Sänger förmlich aus (gerade mal 163cm groß und 48kg schwer), der sich auf der Bühne in einen wahren Rockdämon verwandelte. In Interviews versuchte sich
Daisuke nie in den Vordergrund zu rücken, sondern ließ vielmehr den anderen Bandmitgliedern den Vorrang. Die Herzen seiner Fans verzauberte er während der Konzerte.
Daisuke’s Bühnenpersönlichkeit wurde schnell legendär. Hier konnte man auch den Einfluss der Visual Kei Bewegung sehen.
Daisuke’s Auftritte mit gelegentlich eingebauten Pantomimenelementen schufen eine theatralische Atmosphäre.
Mit der Zeit wichen
kagerou immer mehr von einem strikten Visual Look ab, was sich auch in der Performance des Sängers bemerkbar machte und sehr typisch für Rocksänger geworden ist. Auf Konzertmitschnitten ist besonders gut zu sehen, wie er es genießt sich in die Menge zu werfen
. Zum Ärger der Crew und der Bodyguards, deren Aufgabe es war ihn von den Fans wieder los zu reißen. Manchmal ungefähr ein Dutzend Mal in Folge eines einzigen Konzertes. Nicht nur das Herumspringen auf der Bühne, oder das Erklimmen von jeglichen Teilen der Bühnentechnik, sondern auch seine stimmlichen Fähigkeiten - er konnte von Growlen, zu verrückten Schreien, plötzlichen Geflüster und einer sehr klaren und hohen Art zu singen, wechseln und das alles in Sekundenschnelle während eines einzigen Songs. – haben maßgeblich zu seiner heftigen Show beigetragen. Die verschiedenen Gefühle während eines Konzertes reichten von Bewunderung und Sorge. Sorge gerade dann, wenn er kaum noch stehen konnte und sich zum wiederholten Male in die verrückte Menge warf. Es waren offensichtlich die Momente, die ihn am meisten erfüllten. Darum bezeichnete
Daisuke sich manchmal auch als Masochisten.
Daisuke war immer stark mit seinem Heimatland verbunden. Und trotz der zahlreichen Auftritte in Übersee hatten
kagerou es nie nötig, westliche Bands nachzuahmen. Auf seiner Schulter hatte er sich das Gesicht eines Dämons, ähnlich denen aus dem No Theater, tätowieren lassen. Vielleicht stand das auch im Zusammenhang mit seiner dämonischen Bühnenpräsenz. Durch die sehr japanorientierten Inhalte der Texte, gerade in der Anfangsphase
kagerou’s, wurden sie von Fans dem Angura Kei Stil zugeordnet. Diesen Stil zeichnet der Mix aus dunkler Atmosphäre und Motiven der japanischen Tradition aus.
Trotz seines Bühnenimages des Wechselhaften der starken Emotionen war er ein Mensch, der sehr schnell andere Menschen und Fans für sich gewinnen konnte. Er war mit
MUCC’s
Tatsuro,
MERRY’s
Gara und
girugamesh‘s
Satoshi befreundet, die er als seine Mentoren ansah. Der bereits erwähnte
Kyo von
Dir en grey war nicht nur
kagerou’s Produzent und
Daisuke’s Mentor, sondern auch langjähriger Freund.
Kyo, der am 15. Juli ein Konzert gab und die Nachricht von
Daisuke’s Tod erfuhr, brach auf der Bühne in Tränen aus und widmete ihm einen Song. Er schrieb auch eine sehr persönliche Nachricht in seinen Blog, in dem er an
Daisuke erinnert und um Fassung ringt.
Fans, die die Möglichkeit hatten
Daisuke während einer Autogrammstunde zu treffen, erinnern sich an einen Mann der etwas zurückhaltend, aber sehr sympathisch war und oft lächelte. Das war der gewisse Ausgleich zu seiner Band. Er war nicht so extrovertiert wie
kagerou’s
Shizumi oder
Hibiki von
the studs, noch so befremdlich wie
Kazu oder
Yukino. Ihn zeichnete eine gewisse Eleganz aus. Nicht nur wie er sich kleidete, sondern auch wie er sich selbst gab. Er war sehr freundlich, offen und immer sehr verständnisvoll seinen Fans gegenüber. Während einer Autogrammstunde in Paris fragte ein Fan nach seinem Hund. Dieser Dachshund bedeutete
Daisuke sehr viel und war bei Photoshootings und Backstageaufnahmen bei ihm. Der Sänger schaute traurig und zeigte mit dem Finger nach oben. Erschrocken über diesen Fauxpas entschuldigte sich der Fan sofort, aber
Daisuke antwortete:
„Keine Sorge, du wusstest es nicht. Aber ich danke dir aus tiefsten Herzen für die Erinnerung an ihn. Ich bin sehr gerührt, wirklich!“
Im Jahr 2007 lösten sich
kagerou aus unbekannten Gründen auf. Viele Fans waren wütend, ganz besonders, als sie die japanischen Gerüchte um finanzielle Gründe für die Trennung hörten. Sie seien „fertig“ und es gäbe keine Zukunft mehr, selbst wenn noch Hunderte Menschen zu ihren Lives kommen würden. Zum Glück hat
Daisuke uns nicht lange warten lassen und ein paar Monate später die Band, mit den bekannten Musikern
Yukino,
Aie und
Hibiki, eine wahre Starbesetzung der Indieszene,
the studs gegründet. Die Fans von Übersee wurden nicht vergessen und so dauerte es nicht lang, bis die Band nach Europa kam und 2007 ihr zweites Konzert in Paris spielte. Unglücklicherweise bestand
the studs nicht so lang wie
kagerou und zwei Jahre später kündigte die Band eine Pause ihrer Aktivitäten an.
Daisuke, für den Musik zu machen die einzige akzeptable Art zu leben darstellte, nahm keine Auszeit und brachte im Juni 2010 sein erstes Soloalbum heraus.
Die zweite Single seiner Solokarriere
Daisuke to kuro no injatachi (Daisuke und die schwarzen Einsiedler) wurde für den Juli 2010 angekündigt. Aus nicht offiziellen Quellen wissen wir von einem Albumrelease im Herbst, die Rückkehr von
the studs, gefolgt von Konzerten in Europa und seinem ersten Auftritt in den Vereinigten Staaten. Unglücklicherweise wurden all diese Pläne auf tragische Weise zerschlagen.
Daisuke, der fünfzehn Tage nach dem Zeitpunkt seines Todes 32 geworden wäre, wurde zu früh aus dem Leben gerissen und hinterlässt betroffene Fans, die mit dem Verlust dieser Tragödie immer noch nicht richtig zurechtkommen. Obwohl der wahre Grund seines Todes wahrscheinlich nie öffentlich bekannt gegeben wird und die Trauerzeremonie nur im Familienkreis stattfand, werden seine Fans ihn auf eigene Weise gedenken. Und ihre Erinnerung und Erfahrungen mit
Daisuke wertschätzen.
Die entstandene Leere, die in den Herzen so vieler Menschen - Fans, Freunde, Familie - durch
Daisuke’s Tod entstanden ist, kann nicht gefüllt werden. Und obwohl er uns in dem Text für
Sakurakurakura versichert, dass es keine Ewigkeit gibt und alles den Tod erwarte, hoffen wir in Worten Trost zu finden, die er so oft sagte:
„Lebe jeden Moment, als wäre es dein letzter, nicht erfüllt von Angst, sondern mit der Freude der Momente.“ Denn
Daisuke selbst, verschwendete keinen Augenblick der ihm gegeben war. Auch wenn er von uns gegangen ist, wird sein Vermächtnis in jedem Einzelnen seiner Fans weiterleben, für immer die alten beeinflussen und neue anziehen. Und das ist etwas, was [uns] niemand nehmen kann – niemals.
怖い今を暗い今を黒い今を越えろ…
Kowai ima wo kurai ima wo kuroi ima wo koero...
Lasst uns die beängstigende Gegenwart, die dunkle Gegenwart und die schwarze Gegenwart überstehen...