Die Rockgitarristin und Sängerin Haruka sprach mit JaME über ihr neues Album "Unite!", die Bedeutung ihrer Songs und wichtige Chancen für japanische Indie-Bands.
Die Singer-Songwriterin und Rockmusikerin Haruka wurde zum dritten Mal zur Anime Messe Berlin eingeladen und ist damit die einzige Künstlerin, die seit der ersten AniMesse jedes Jahr als Ehrengast dabei war. Das ist wenig überraschend, denn sowohl die Fans als auch die Veranstalter mögen die aufgeschlossene, talentierte Musikerin, die trotz ihrer zierlichen Gestalt auf der Bühne abrocken und das Publikum zum Tanzen bringen kann. Man könnte es mittlerweile als Tradition bezeichnen, denn auch diesmal traf JaME Haruka wieder während der Anime Messe Berlin für ein Interview. Darin verrät die Rockmusikerin aus Tokyo Details über ihr aktuelles Album "Unite!", spricht über die Situation der japanischen Indie-Künstler und wieso Musik die Kraft hat, die Welt zu ändern.
Hallo Haruka! Wir freuen uns, dich wieder für ein Interview zu treffen. Es sieht so aus, als würden wir uns jedes Jahr auf der Anime Messe Berlin wiedersehen. Freust du dich, wieder hier zu sein?
Haruka: Ich habe zu danken! Und ja klar, ich freue mich sehr, wieder hier zu sein. Dieses Mal findet die Anime Messe in Potsdam statt, in der Nähe von Berlin. Das ist nicht nur eine neue Erfahrung für die Organisatoren, sondern auch für mich, denn ich war noch nie in Potsdam. Ich freue mich sehr, dass ich die Gelegenheit habe, eine neue Stadt kennenzulernen und meine Musik mit den Menschen hier zu teilen.
Letztes Jahr hast du dein neues Album "Unite!" angekündigt und bereits ein paar Lieder auf der AniMesse 2017 vorgestellt. Gibt es jetzt nach der Veröffentlichung des Albums einen Song, den du unbedingt deinen deutschen Fans präsentieren wolltest?
Haruka: Ganz ohne Zweifel "Put Your Guns Down"! Denn das Thema dieses Liedes passt perfekt zum derzeitigen Zustand der Welt. Das Lied transportiert eine sehr wichtige Message. Tatsächlich war der 1. Juni der National Gun Violence Awareness Day (übersetzt etwa "Nationaler Gedenktag zur Waffengewalt") in den USA. In letzter Zeit gab es einige Zwischenfälle mit Schießereien, also glaube ich, dass mein Song eine sehr wichtige Botschaft für die Menschen auf der ganzen Welt bereithält.
Gibt es noch weitere Songs, die du wirklich gern live spielen wolltest – vielleicht zum ersten Mal?
Haruka: Ehrlich gesagt, habe ich einen Anime-Song während meiner Auftritte am Freitag und Samstag gecovert. Natürlich ist das nicht mein eigener Song und er findet sich auch nicht auf meinem Album "Unite!", aber das war ein Song, den ich wirklich gern spielen wollte. Denn das hier ist ja immerhin eine Anime Convention! Also wollte ich etwas Besonderes machen und habe beschlossen, diesmal dieses Lied zu spielen. Der Song heißt "This love" und diente dem Anime Blood+ als Ending. Das Original ist von Aki Angela.
Warum hast du dich entschlossen, eine Albumversion von "The Song of Smartphones" auf "Unite!" herauszubringen, obwohl du den Song bereits veröffentlicht hast?
Haruka: Das ist eine gute Frage! Ich habe diesen Song bereits im Jahr 2015 veröffentlicht und als ich ihn aufgenommen habe, habe ich digitale Instrumente benutzt, abgesehen von meiner Gitarre. Aber als ich versuchte, diesen Song in mein neues Album zu integrieren, hat das nicht gut geklungen. Als würde der Song nicht dort hinein passen und nicht so gut klingen wie die restlichen Lieder mit echten Drums. Darum habe ich mich entschieden, den Song komplett neu aufzunehmen. Abgesehen von den Gesangsparts habe ich alles noch mal eingespielt, vor allem die Drums und die Bassläufe. Ich habe also dieses Album zum Anlass genommen, eine neue und bessere Version von "The Song of Smartphones" zu machen.
Die meisten Lieder auf "Unite!" sind Rocksongs, aber "Dance In The Rain" tanzt sprichwörtlich aus der Reihe mit seinem Dance Pop Charakter, den elektronischen Elementen und dem tanzbaren Beat. Bitte erzähl uns mehr zur Entstehung und der Bedeutung dieses Songs!
Haruka: Ich wollte einfach gern ein paar neue Elemente ausprobieren und sprichwörtlich mit der Musik spielen. Was mir dabei einfiel, war "EDM Rock". Ich denke, dass EDM (Electronic Dance Music) eine Art Musik ist, die viele Menschen mögen, da sie momentan überall auf der Welt sehr populär ist. Also wollte ich diese Elemente auch einmal in einem Song benutzen. Aber wenn ich nur EDM verwendet hätte, hätte das auf einem Album voller Rockmusik seltsam geklungen, also habe ich beschlossen, auch ein paar Rock-Elemente hinzuzufügen. Darum habe ich ein paar rockige Gitarren-Riffs benutzt und es gibt sogar ein richtiges Gitarrensolo in dem Song. Dadurch entspricht "Dance In The Rain" total meinem Stil und ist trotzdem ganz neues Terrain für mich. Dadurch konnte ich einen ganz neuen Stil für mich entdecken und es sah aus, als würde das Publikum bei meinen Shows auf der Anime Messe den Song ebenfalls lieben.
Ganz andere Töne schlägt der Song "Heroes' Tomb" an, der sehr persönlich und emotional klingt. Kannst du uns verraten, wer der Held in diesem Song ist?
Haruka: Als ich den Song geschrieben habe, habe ich an all die Musiker gedacht, die in den letzten Jahren leider verstorben sind. Sowohl großartige, bekannte Musiker als auch Künstler, die der breiten Masse unbekannt waren. Ich wollte diesen Künstlern meinen Respekt zollen, denn da sie Musik erschaffen haben, werden ihre Seelen ewig leben in den Köpfen derer, die ihre Musik hören. Denn ihre Musik zaubert noch immer ein Lächeln in die Gesichter dieser Menschen. Einige Songs enthalten auch wichtige Botschaften, also wünsche ich mir, dass viele Leute diese Musiker in Erinnerung behalten und auch weiterhin ihre großartige Musik hören. Ehrlich gesagt, ist das nicht nur ein Lied über Musiker, die kürzlich verstorben sind, sondern auch über Menschen wie hide, denn auch jetzt noch übt er großen Einfluss auf andere Künstler aus, die nach ihm kamen. Er hat so viele andere Musiker beeinflusst, das hat ihn wirklich zu einer Legende gemacht. "Heroes' Tomb" transportiert diese Art Botschaft. Teilweise mag dieses Lied traurig klingen, aber eigentlich ist es eher ein positiver Song, um diesen Künstlern zu gedenken.
Einige deiner Songs wie "Put Your Guns Down" oder "The Song of Smartphones" kritisieren die Gesellschaft oder sind in irgendeiner Weise politisch. Denkst du, es ist wichtig, Menschen mithilfe von Musik zu motivieren, ihre Überzeugungen und ihr Verhalten zu überdenken?
Haruka: Absolut, ja. Ich bin weder eine Politikerin noch eine Lehrerin, Priesterin oder dergleichen. Aber ich finde es sehr wichtig, positive Botschaften zu verbreiten und Menschen auf der ganzen Welt zu inspirieren und sie zum Nachdenken zu bewegen, was ihre Ansichten zur Welt und zur Gesellschaft anbelangt. Das wird am Ende die Welt verändern, glaube ich. Selbst wenn Leute sagen, sie würden sich nicht für Politik interessieren, hören sie alle trotzdem Musik und sind so erreichbar für uns. Ich bin überzeugt, dass die Musik eine großartige Möglichkeit ist, positive Dinge zu verbreiten und Menschen dazu zu bringen, das zu überdenken, was sie gerade tun. Das kann Menschen tatsächlich verändern.
Hast du eigentlich selbst ein Lieblingslied auf "Unite!"?
Haruka: Ich mag "Dancing In The Rain" und ich mag auch "Yuzuriha" sehr gern. Was das erstgenannte Lied anbelangt, habe ich ja neue Elemente und sogar ein ganz neues Genre ausprobiert. Außerdem habe ich es sehr genossen, den Song live zu spielen, weil er so viel Spaß macht. Ich habe auch ernstere Lieder auf dem Album wie "Put Your Guns Down", "Carry On" und "Our Revolution", welches auch ein politischer Song ist. Aber "Dancing In The Rain" auf einem Konzert zu spielen, schafft einen schönen Kontrast zu den eher ernsten Songs und es macht wirklich Spaß, hin und wieder mal einen Popsong zu spielen. Ich brauche beide Seiten in meiner Musik, ernste und spaßige Songs. Was "Yuzuriha" anbelangt, gefällt mir bei diesem Track der Sound richtig gut. Er klingt ein bisschen akustisch, aber ist trotzdem noch ein Rocksong. Ich mag diese Art Symbiose.
Nach Berlin wirst du nach Spanien fliegen für einen Auftritt. Würdest du gern mehr Konzerte in Europa spielen – zum Beispiel im Rahmen einer Europatournee?
Haruka: Ja, ich würde gerne mehr Shows in Europa spielen! Aber ich denke nicht wirklich über eine Tour nach, weil es mir sehr gut gefällt, auf Festivals oder Conventions aufzutreten. Dadurch kann ich viele Menschen treffen und es ist einfacher als eine komplette Tour zu organisieren. Aber ich würde gerne viele Solo-Shows hier in Europa spielen und auch in anderen Ländern dieser Welt. Um ganz ehrlich zu sein – es ist leicht und ein bisschen bequem, als Gast auf einer Convention zu sein, denn es gibt immer so viele Menschen, die mir helfen. Auch ihr von JaME helft mir immer so sehr. Diese Hilfe weiß ich wirklich zu schätzen.
"Unite!" ist auch auf Spotify und AppleMusic verfügbar. Glaubst du, dass diese Plattformen für japanische Künstler wichtige Meilensteine für den Aufbau eines internationalen Publikums sind?
Haruka: Ja, das denke ich wirklich! Obwohl einige Künstler Spotify nicht mögen, weil die Konditionen für sie nicht lohnenswert erscheinen und die Songs dort nicht wirklich verkauft, sondern nur abgespielt werden. Dennoch denke ich, dass diese Plattformen eine wichtige Chance sind, mehr Menschen den Zugang zu meiner Musik zu ermöglichen, denn Spotify und Co. schaffen gute Voraussetzungen, um ganz allgemein neue Musik zu entdecken. Ich habe bereits so viele tolle Rückmeldungen von Nutzern von Spotify und AppleMusic zu meiner Musik erhalten. Sie haben nur ein paar zufällige Songs aus der ganzen Welt abgespielt und darunter war zufällig auch meine Musik. Die Kommentare waren durchweg positiv und bedeuten, dass meine Songs mehr Leute auf der ganzen Welt erreicht haben, was wirklich eine gute Sache ist. Ich mag den Gedanken, dass Musikstreaming dafür sorgt, dass man auf Künstler stößt, die man vorher noch nicht kannte. Da diese Plattformen überall auf der Welt mittlerweile ganz selbstverständlich genutzt werden, empfinde ich das als eine gute Möglichkeit für Künstler, ein neues Publikum zu erreichen. Trotzdem sind manche Musiker und Managements zurückhaltend, weil man Songs dort nicht direkt verkauft, sondern die Leute sie sich quasi nur anhören. Sicherlich denken sie dann, dass sie nichts davon hätten, ihre Musik bei den Portalen hochzuladen. Aber ich glaube, dass ganz besonders japanische Indie-Künstler so die Chance erhalten, vielen Leuten zu zeigen, dass sie überhaupt existieren. Mich persönlich interessiert es nicht, ob die Leute meine Musik kaufen oder streamen, solange sie sie genießen. Aber ich verstehe auch, dass nicht jeder so denkt.
Wo wir gerade über japanische Indie-Künstler reden: Viele Autoren der Japan Times haben berichtet, dass die sogenannte "Noruma-Ticketquote" in vielen Clubs in Tokyo ihre Möglichkeiten einschränkt, überhaupt in Tokyo aufzutreten. Hast du auch solche Erfahrungen gemacht? Oder sogar gegenteilige Erfahrungen?
Haruka: Ich bin auch schon damit in Berührung gekommen, ja. Als ich noch Amateur-Musikerin war, musste ich viel Geld für meine eigenen Auftritte an die Clubbetreiber bezahlen. Dennoch denke ich, nun ja, die Clubs müssen auch Geld verdienen. Aber wenn keine Leute zu den Konzerten kommen, um sich die Musik anzuhören und etwas zu trinken, bekommen sie auch nichts. Also kann ich nicht sagen, dass die Noruma-Ticketquote etwas 100%ig Schlimmes ist, weil das so eine schwierige Geschichte ist. Denn die Clubs müssen ja auch Miete zahlen und das ganze Equipment bezahlen und die Angestellten müssen ja ebenfalls ihren Lohn erhalten. Viele Clubs mussten schon schließen. Gleichzeitig gibt es aber genügend Clubs, die überleben dank neuer Ideen. Wie ihr vielleicht wisst, verkaufen die meisten japanischen Clubs "Drink Tickets" (Getränkekarten) bei Konzerten. Die Besucher zahlen etwa 500 Yen oder etwas mehr am Einlass und erhalten dafür ein Ticket, mit dem sie an der Bar ein Getränk bekommen. Dadurch ist sichergestellt, dass jeder Besucher mindestens ein Getränk kauft. Manche Hallen haben außerdem angefangen, Essen anzubieten. Sie sind also zu einer Art Bar oder Restaurant geworden, in denen man auch Livemusik genießen kann. Aber das ist leider für Rock-Clubs überhaupt nicht praktikabel. Diese können zwar wie Bars werden, aber keinesfalls wie Restaurants. Aus der Sicht eines Indie-Künstlers ist es durch die Noruma-Ticketquote sicherlich sehr schwierig geworden, sich selbst zu präsentieren. Als Major-Artist mag es einfacher sein, genügend Fans zu den Konzerten zu locken, aber als kleiner lokaler Künstler mit wenigen Fans kann es schnell unmöglich werden, Konzerte zu buchen, weil das einfach zu teuer wird. Das ist wirklich schwierig und ich habe gehört, dass es einen Rückgang von Bands gibt deswegen. Aber da das ein so kompliziertes Problem ist, wird es auch keine einfache Lösung geben, schätze ich. Zumindest fiele mir auf die Schnelle keine Lösung dafür ein.
Danke sehr für dieses Interview! Da ich weiß, dass du Deutsch lernst, richte diesmal doch bitte ein paar Worte auf Deutsch an unsere Leser!
Haruka: (Auf Deutsch) Ich hatte heute viel Spaß und ich freue mich hier zu sein! Vielen Dank!
Harukas neuestes Musikvideo für ihren Song "Carry On" vom Album "Unite!":
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