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Jahresrückblick 2007 (1)

07/01/2008 2008-01-07 12:00:00 KoME Autor: Finja & Yura

Jahresrückblick 2007 (1)

Auch dieses Jahr gibt es wieder einen von den JaME Mitgliedern verfassten Jahresrückblick über die musikalischen Highlights und Flops aus dem Jahr 2007 (Finja & Yura, Teil 1)


© JaME, all rights reserved
Finja

Wenn ich mir meinen Jahresrückblick von 2006 durchlese, fällt mir auf, dass dieser vor allem von Hip-Hop/Pop dominiert wurde. Meine Begeisterung für diese Genres hat keinesfalls nachgelassen, aber dieses Jahr hat mich in der Hinsicht nichts wirklich vom Hocker gehauen. Mag sein, dass das daran liegt, dass m-flos neues Album "Cosmicolor" völlig an mir vorbeigegangen ist (Wird nachgeholt!) und auch andere Künstler in der Richtung mich nicht wirklich begeistern konnten (Nach einem Japanurlaub und den zahlreichen Videoleinwänden an den Gebäuden von Shibuya hat man irgendwann eben einfach genug von Popmusik.. zumindest für eine gewisse Zeit). Ich kann mich daran erinnern, dass 2007 für mich mit furchtbar kitschigen Anime-Soundtracks begann (Arjuna!) und ich mich immer mehr für Yoko Kanno (Ein musikalisches Genie!) und Sakamoto Maaya begeisterte. Spontan fällt mir da das Wolf's Rain Ending "Gravity" ein, ein Lied, welches bei mir immer wieder auf die Tränendrüse drückt. Nach dieser seichten Musik folgte allerdings schnell härtere Kost, Dir en greys neues Album kam heraus, erst war ich begeistert davon, der Zauber ließ allerdings relativ schnell nach, anfangs noch beinahe täglich gehört hatte ich - ganz ehrlich - irgendwann genug davon und konzentrierte mich lieber auf andere Künstler. Shiina Ringo entdeckte ich dabei wieder, eine Ausnahmekünstlerin die ich schon seit langem mag, die ich 2007 aber erst durch die grandiose Orchesterversion von "Tsumi to batsu" wiederentdeckte. Selbst mein Vater wurde daraufhin Fan von ihr und das zurecht: Mit ihrer außergewöhnlichen Stimme, ihrer mitreißenden Art und ihren fesselnden Liveperformances ist sie für mich nicht nur eine große Künstlerin aus dem Jahr 2007 sondern generell einer der besten Exporte aus Japan. In Sachen erinnerungswürdige Lieder folgte (hier werden nun sicherlich einige aufatmen, mir ist nicht entgangen, dass das Lied für viele ein Hit war) "Zetsubou Billy" von Maximum The Hormone, ein Lied mit Ohrwurmgarantie und definitiv oft gehört, das dazugehörige Album "Buiiki Kaesu" riss mich dann allerdings nicht wirklich vom Hocker, weshalb MTH mir zwar mit dem einen Lied gut in Erinnerung geblieben sind, sonst aber für mich nicht weiter interessant waren.

Den ersten musikalischen Höhepunkt erlebte ich nämlich auf der J-SHOCK im Sommer: Von Guitar Wolf hatte ich schon gehört (Und ihren Film Wild Zero oft genug gesehen + das dazugehörige Trinkspiel gespielt), aber wer hätte gedacht, dass die drei Jungs mich live SO begeistern würden? Seiji, UG und Toru hatten bei mir sofort einen Stein im Brett und sind mittlerweile definitiv eine meiner Lieblingsbands wenn es um japanische Musik geht. Nach dem Auftritt auf der J-SHOCK besuchte ich noch ein weiteres Konzert von Guitar Wolf in Köln und meine Vorahnung bestätigte sich: Das Publikum, welches im Gegensatz zu den zahlreichen Gästen des Gan Shin Events, mit Visual Kei gar nichts am Hut hatte und nur aus hartgesottenen Anhängern Guitar Wolfs bestand, ließ während des Konzertes pure Anarchie walten und das Ganze wurde einfach nur eine riesige Party. Eines meiner Highlights 2007 war dann das auf JaME veröffentlichte von Alkohol geprägte Interview nach dieser einzigartigen Show, bei dem ich die Gelegenheit bekam, die drei Rock 'n' Roller kennen zu lernen und eines sei gesagt: Guitar Wolf sind eine der sympathischsten (.. und verrücktesten!) Bands, die ich bisher treffen durfte. Um direkt beim Thema zu bleiben: Im September besuchte ich ihr finales Jubiläumskonzert im Ebisu Liquidroom (Ein weiteres Highlight!) und warte seitdem sehnsüchtig auf das Ende ihrer krankheitsbedingten Pause.

In Japan stieß ich auch auf das neue Album von Tokyo Jihen ("Goraku"), mein Lieblingsalbum aus dem Jahr 2007. Das dazugehörige Review ist auf JaME zu finden, dem habe ich eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Ich hatte mich zuvor eher auf Shiina Ringo als Solokünstlerin konzentriert, aber mittlerweile bin ich ebenso begeistert von ihrer Band.

Wer mich kennt, fragt sich vermutlich längst, wo mein Beitrag zu Plastic Tree bleibt und natürlich haben die Jungs musikalisch auch 2007 eine große Rolle für mich gespielt. Das Ganze fing Mitte des Jahres mit der Veröffentlichung des neuen Albums "Nega to Posi" zwar recht viel versprechend an (Nach der öden Ballade "Spica" hat mich das Album nämlich sehr positiv überrascht!), dann nahm mein Interesse am Schaffen der Band aber ziemlich ab. Ehrlich gesagt war ich auf Dauer etwas genervt von dem riesigen Aufstand, der um ihr zehnjähriges Majorbestehen gemacht wurde, zwar freue ich mich für die Band und bin mir sicher, dass das Jubiläumskonzert im Budokan ein tolles Event war, aber die ewige Promotion war auf Dauer etwas ernüchternd; Jungs, ich will Musik von euch hören und kein Merchandise kaufen! Musikalisch sah es dieses Jahr also (abgesehen von "Nega to Posi") etwas lau aus, vom grandiosen Album wurden die Lieder ausgekoppelt, von denen sich Band & Management den größten kommerziellen Erfolg erhofften und obwohl ich "Makka na ito" eigentlich mag, rückten die beiden ersten Singles Plastic Tree wieder mehr in die Softie-Sparte und dass das pure Absicht war, wollte mir nicht so ganz passen. Drei Konzerte entschädigten mich allerdings sehr, Bonn, Berlin und Holland waren - wie ich es von der Band kenne - großartige Shows und gerade das Konzert in Amstelveen werde ich wohl niemals vergessen.

2007 ist nun vorbei und war für mich musikalisch gesehen mal wieder eine Bereicherung, nur die japanische Musik blieb diesmal etwas außen vor - einerseits, weil mein Interesse dieses Jahr etwas mehr Bands aus UK und zahlreichen am House orientierten Musikern aus aller Welt galt und auch, weil 2007 weniges aus der japanischen Musikbranche wirklich mein Interesse weckte. Von 2008 erwarte ich mir da ein wenig mehr, erstmal bin ich sehr gespannt auf das angekündigte neue Album von JACK OR JIVE, hoffe, dass Guitar Wolf Ende des Jahres wieder vereinigt sein werden und freue mich auf weitere Konzerte!

Künstler des Jahres:
1. Guitar Wolf
2. Plastic Tree
3. Tokyo Jihen

Album des Jahres:
1. Tokyo Jihen - Goraku
2. Guitar Wolf - DEAD ROCK
3. Plastic Tree - Nega to Posi

Single des Jahres:
1. Tokyo Jihen - OSCA

Konzerte des Jahres:
1. Plastic Tree in Holland
2. Guitar Wolf in Köln
3. Plastic Tree in Berlin

“Newcomer“/Entdeckung des Jahres:
1. Guitar Wolf
2. Tokyo Jihen
3. Psysalia Psysalis Psyche

Überraschung des Jahres:
1. X Japans Rückkehr
2. Diverse Festivals, in Deutschland natürlich J-SHOCK und Ende des Jahres die J-Rock Invasion.

Top 10:
1. Tokyo Jihen - Botomin
2. Tokyo Jihen - OSCA
3. Guitar Wolf - Tokyo Zombie
4. Guitar Wolf - DEAD ROCK
5. Plastic Tree - Zaza furi, zaza nari.
6. Plastic Tree - Mujineki
7. alice nine. - Q (Ist zwar von 2006, aber wurde 2007 oft von mir gehört, neben "Gradation" das einzige Lied der Band, welches ich mag)
8. m-flo loves Bonnie Pink - Love Song
9. Tommy february6 - Lonely in Gorgeous (Dieses Jahr erst entdeckt!)
10. Dir en grey - Disabled Complexes

YURA

Damit so etwas wie Tradition entsteht, kommt auch dieses Jahr ein Rundumschlag für die Szene. Wie so ziemlich jeder festgestellt hat, war dieses Jahr verdammt viel los im Lande, nur wie lange noch? Dieses Thema vertiefen wir ein anderes Mal. Im Gegensatz zum letzten Jahr, in dem ich mich ja vollmundig als ein musikalischer Historiker geoutet habe, muss ich eingestehen, dass dieses Jahr sehr viel neues auf meiner Speisekarte zu finden war.

Künstler des Jahres ist recht schwer zu bestimmen. Vom Gesamteindruck setze ich dieses Jahr MUCC auf Platz eins - HOTEI war dies Jahr nicht so auffallend aktiv - dafür aber diese Jungs. Neben dem tollen Konzert in Köln an der Seite von BALZAC begeisterte mich vor allem ihre Single "FUZZ" - so etwas hätte ich ihnen nicht zugetraut. Aber ich bin immer bereit mich neu für diese Wandlungen zu begeistern.

Platz zwei geht dann aber eindeutiger an lynch.. Diese Band schafft es, in der Dir en grey raubkopierenden Metal Szene eine dermaßen eigene Note zu behalten, dass es einen verwundert, warum statt ihrer die weitaus angepassteren girugämesh das Land bereisen. Das, was die Gruppe dieses Jahr mit "THE AVOIDED SUN" vorlegte, muss erst noch von einem der vielen "me too" Produkten erreicht werden. Das dürfte aber wesentlich schwerer werden, als das viel umjubelte Prunkstück der Szenevorreiter zu überbieten.

Bleibt nur noch Platz drei: Den kann man eigentlich nur Guitar Wolf zusprechen. 20 Jahre unterwegs und kein Dezibel leiser, dazu kann man nicht viel mehr sagen. "Dead Rock" ist vielleicht nicht das beste, was sie in ihrer Karriere produziert haben, ragt aber immer noch wie ein Offshore Windpark aus der Nordsee.

Nun zu den Schocks und negativen Entwicklungen.

Das Dir en grey Album wird wahrscheinlich noch oft genug von anderen erwähnt werden, deshalb lasse ich mich an dieser Stelle nicht darüber aus. Ebenso lasse ich mein Unverständnis über die Popularität von The GazettE unvertieft. Das, was mich eher beunruhigt, ist der starke Drang der Szene hin zum Bunten und Grellen. Dieser Wandel hat leider auch nicht vor SIX-R Halt gemacht. Zwar muss die Band noch wandern und wandern, bis sie den Status einer der vielen ungenießbaren Oshare Sinnlosigkeiten erreichen. Jedoch, das Bühnengehabe des sonst sehr Oldschool VK agierenden Sängers macht mir Sorgen.

Aber das ist sowieso das große Problem, zumindest für mich als Mensch mit Hang zu interessanter Musik. Wie eine, sich aus der Veranstalter-Szene zurückgezogene, Person gesagt hat: (frei zitiert) "Wenn sich die Leute über den Inhalt dessen, was sie so toll finden, bewusst wären, würden sie erkennen, dass sie Volksmusik auf LSD hören." Und ich habe keine Lust auf die Art von Musik, vor allem wenn dann der Rest der Szene diesem Quatsch zugeordnet wird. Das ich ein Anachronismus bin, ist mir bewusst, aber irgendwo hab auch ich meine Grenzen, was mir als Fan in Deutschland zugemutet werden kann. Und Guitar Wolf neben talentlosen Pool-Animateuren spielen zu lassen ist eine große Frechheit.

Und das letzte, was mir schwer auf dem Herzen liegt: the studs. Ich weiß nicht welcher Teufel die vier Herren geritten hat ausgerechnet in dieser Konstellation die Szene zu "bereichern". Fieber kann man ausschließen, weil dieses sich nicht so lange hält, als dass man nicht merkt, dass da zwei Welten aufeinander prallen. Sänger Daisuke kann man sicher nicht als untalentiert bezeichnen, aber er passt einfach nicht in eine Nagoya-kei geprägte Band. Das ist so, als würde man statt Kyo bei Dir en grey einfach Yukari (ex- BAISER) einsetzen. Eine herrliche Vorstellung, klar! Aber wirklich antun müsste man sich dieses Experiment nicht.

Das Positive kann man aber auch nicht verleugnen.

Die Fülle an neuen kleinen Bands aus dem wirklichen Untergrund der Szene ist atemberaubend. MaveRick, meth. oder munimuni mögen schon eine Weile aktiv sein, dennoch ist es interessant zu sehen, dass es noch Gruppen mit Verbundenheit zum Ur-Stil gibt. Wenn wir schon bei Enter Brain sind – zwei der obigen Bands sind dort unter Vertrag - sei noch DEATHGAZE erwähnt. Es ist schön, dass die Band endlich wieder aktiv ist, wenn auch nicht mit einem von mir erhofften Sänger, sondern mit einer Art Notlösung. Mal sehen ob dieser Plan aufgeht.

Ehemalige Mitglieder erfolgreicher Bands in neune Projekten zu sehen ist immer schön. So war die Nachricht über das neue Label Kränze von Yukiya (ex- JILS) samt der vielen neuen Gruppen aus dem Umfeld des Sängers, ein wahrer Lichtblick. Die Rückkehr von ISABELLE als Mix Speaker’s, Inc., mit einem neuen zweiten Sänger ist auch eine der positiven Nachrichten gewesen. Das, was mir in diesem Jahr aber vollends das Lachen ins Gesicht zauberte, war die Nachricht über die Rückkehr von Valentine D.C. - endlich wieder normale Leute!

Übrigens, mir ist durchaus bewusst, dass ich im letzten Jahr girugämesh noch als Newcomer No. 2 lobpreiste, und auch das Album recht gut bewertete. Aber es ist ein Unterschied, ob jemand relativ einzigartig war, oder eines von vielen Schafen auf einer Weide ist. Und die Band ist auf jeden Fall keiner der auffälligen "schwarzen" Wolllieferanten!


TOP Künstler:
1. MUCC
2. lynch.
3. Guitar Wolf

Album des Jahres:
1. lynch. - THE AVOIDED SUN
2. MAXIMUM THE HORMONE - buiiki kaesu
3. J - URGE

Single des Jahres:
1. SIX-R - REALxIMAGE
2. MUCC - FUZZ
3. BALZAC & Bela B. - Split Single

Newcomer des Jahres:
1. CATSUOMATICDEATH (Myspace der Band)
2. Crux Rod (Myspace der Band)
3. Psysalia Psysalis Psyche (Myspace der Band)
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