Review zum zweiten Album der Heartsdales, "Sugar Shine".
Künstler: Heartsdales
Titel: Sugar Shine
Typ: Album
Stil: Hip-Hop, J-Pop, R&B
Veröffentlichung: 25. September 2003
Wertung: 9/10
Tracklist:
01 Body Rock
02 CANDY POP feat. SOUL'd OUT
03 Baby Boy
04 Oh Girl feat. Yamamoto Ryohei
05 Rum Interlude/Voice Mail
06 Summer Time Blues
07 Thru With You
08 Right Now
09 Rainy Days
10 Should Have What!? feat. DOUBLE
11 Jewels Interlude/Radio Freestyle
12 Block Shot Hustlaz feat. Furinkazan
13 So Tell Me(DJ fumiya REMIX)
14 Ooh Wah!
15 What's My Name?
16 Baby Shine feat. AI (Deckstream REMIX)
17 Wet'N Wild feat. SUITE CHIC
18 Woman feat. Heartsdales(Sugar Shine Version)
Am 25. September 2003 erschien "Sugar Shine", das zweite Studioalbum des J-Urban Duos Heartsdales. Ich habe mich dazu entschieden, diese CD zu reviewen, weil sie meiner Meinung nach am besten die verschiedenen musikalischen Einflüsse und Stile der Schwestern zum Ausdruck bringt. Man sollte meinen, dass das eher die Aufgabe des 2006 erschienenen Best Ofs "THE LEGEND" ist, doch da dieses nur die meist eher einseitigen Singles der Schwestern enthält, ermöglicht "Sugar Shine" einen besseren Überblick über die Vielfalt ihrer Musik.
Wer sich für J-Pop und Hip-Hop gar nicht erwärmen kann, wird auch mit diesem Album nichts anfangen können. Leute, die sich für Musik dieser Genres (und das - zumindest meistens - abseits vom in Japan gängigen Plastikpop) interessieren, seien die Heartsdales wärmstens empfohlen und wer Rum und Jewel bereits kennt, wird nicht enttäuscht sein. Eins vorweg: Der Name ist - glücklicherweise - nicht durchgehend Programm.
Den Auftakt macht auf dieser CD "BODY ROCK", ein - wie der Titel schon verspricht - durchaus tanzbarer Popsong, der zwar weder sonderlich innovativ noch wirklich mitreißend, aber zum zwischendurch hören durchaus geeignet ist (Jedenfalls halte ich Jewels Aussage "It's a dancehall vibe!" gegen Ende des Songs für etwas übertrieben, dafür ist das Stück dann doch zu trivial). Das Lied erschien knapp ein Jahr zuvor bereits als Single und man hört deutlich die Einflüsse (In diesem Fall eher positiven Schwingungen) von VERBAL (m-flo), der damals noch als Produzent agierte und in dem Track auch teilweise zu hören ist. Wie üblich wechseln sich die Schwester mit dem - hier - sehr seichten Rap ab und im Refrain singt Rum, die zwar sicherlich nicht zu den besten Sängerinnen gehört, deren stark bearbeiteter Gesang das Lied aber noch ein wenig nichts sagender macht.
Nach diesem seichten Einstieg folgt "CANDY POP feat. SOUL'd OUT", eine - wie der Name schon sagt - Kollaboration mit der Gruppe SOUL'd OUT. Das Lied überzeugt durch den mitreißenden Beat und die abwechselnden Rap-Passagen, in denen Rum, Jewels und Diggy ihr Können zum Besten geben. Im Refrain singt Diggy sogar, was diesem süßen Liebeslied glatt noch mehr Romantik verleiht. "CANDY POP" jedenfalls ist der perfekte Titel für dieses Lied und beschreibt es sehr gut, bei so viel positiver Energie und Niedlichkeit kann man glatt Zahnschmerzen bekommen (Und gute Laune sowieso). Das Highlight des Liedes ist für mich definitiv die Beatbox von Bro. Hi, die zwischendurch zum Einsatz kommt und vom Rap begleitet wird. Um noch mal auf die Lyrics zurückzukommen: Grob gesehen geht es darum, dass sich die Mädels und der gute Diggy permanent ihre Liebe bekunden, es wird beschrieben, wie sich die Verliebtheit anfühlt und zwischendurch folgt dann noch eine im Hip-Hop typische Kampfansage im Heartsdales-Stil: "Ihr könnt uns nicht wie eine Erdbeere kopieren!" Aha?! (Manchmal bezweifle ich, dass Jewels in Amerika aufgewachsen ist..)
Weiter geht's: "Baby Boy" beginnt mit einem (englischen) Gespräch zwischen den beiden Schwestern, welches einen zum Schmunzeln bringt, im Laufe des Liedes kommt heraus, dass Rum sich für Jungs interessiert, die "noch nicht mal Auto fahren können", "keinen Alkohol vertragen" und deren Alter sie ihrer Schwester nicht verraten kann, der Titel "Baby Boy" ist also durchaus angebracht. In diesem Lied wird mal wieder betont, wie tough die beiden Schwestern sind, die sich öfters Mal als die einzig wahren Frauen im japanischen Hip-Hop bezeichnen und die Kerle in der Hand haben, weshalb die Raps in diesem Song wesentlich härter klingen und dem Hörer Rums kitschiger Gesang beinahe ganz erspart wird. Das Lied bringt ganz neuen Wind in die CD und unterscheidet sich sehr von den beiden Vorgängern. Diese Abwechslung macht das Album meiner Meinung nach zum besten Werk aus der Karriere der Schwestern.
Dann beginnt "Oh Girl" feat. Yamamoto Ryohei (Unheilvoll kündigt sich seine Teilnahme an diesem Lied durch die eingespielte, lauter werdende Stimme des Sängers an). Yamamoto Ryohei ist für mich einer dieser Sänger, die solo völlig uninteressant sind, in Zusammenarbeiten aber stets für das i-Tüpfelchen sorgen - so zum Beispiel in Liedern wie "miss you" und "Summer Time Love" (von m-flo), aber auch hier. Wer den Sänger kennt, weiß auch über seine penetrante Boygroup-Stimme und sein melodramatisches Auftreten bescheid - egal, in diesem Lied passt es perfekt. "Oh Girl" ist ausnahmsweise kein positives Tralala-Lied, sondern ist wesentlich ernster und melancholischer als andere Songs der Heartsdales, schnelle, ernste und teilweise traurige Rap-Passagen wechselnd sich mit Yamamoto Ryoheis gesungenen Refrains ab, und eines muss man ihm lassen, zumindest in diesem Lied ist seine Stimme irgendwie mitreißend und ergreifend. Untypisch für die Heartsdales wird ihr Lieblingsthema Liebe in diesem Lied nicht wie im Schlaraffenland dargestellt sondern ein wenig realistischer, die verschiedenen Aspekte werden aufgelistet und das Lied hat - ganz nebenbei - ziemliche Ohrwurmgarantie.
Nach Rums Interlude ("Voice Mail", die kurzen Stücke, in denen die Schwestern solo singen/rappen sind auf den Alben der Heartsdales typisch und stellen die beiden stets besser vor, machen die Unterschiede klar, so sind die Interludes von Rum meist sehr kitschig und poppig, während ihre ältere Schwester in diesen Parts ihr starkes Selbstbewusstsein betont) folgt "Summer Time Blues". Nach dem runterziehenden "Oh Girl" bietet das Lied keinen großen Kontrast, auch dieser Song ist verhältnismäßig ernst, allerdings ist Rum im Refrain wieder am Werk, was die deprimierende Stimmung etwas auflockert. Auch "Thru With You" hat einen traurigen Beigeschmack, beinhaltet aber im Gegensatz zu "Summer Time Blues" nicht nur eine eher melancholische Melodie, sondern auch einen passenden Text, der direkt aus dem Leben gegriffen zu sein scheint, damit kann man sich identifizieren und selbst Rums Gesang ist durchaus erträglich, nein, sogar schön (Was mich anfangs daran zweifeln ließ, dass es tatsächlich sie ist, die da singt), und das nicht, weil ihre Stimme - wie üblich - bearbeitet ist. Diesmal klingt die jüngere Schwester wesentlich älter als sonst, reifer und somit wirkt das ganze Lied authentisch. Das traurige Ende einer Beziehung wird musikalisch perfekt ausgedrückt, nicht halb so heuchlerisch wie bei Kolleginnen à la Rihanna. Ich hielt die Heartsdales anfangs für eine Gruppe unter vielen und - ganz ehrlich - auch nicht für besonders helle, aber Lieder wie dieses überzeugen vom Gegenteil und treffen eher meinen Geschmack, als die trivialen Popsongs des Duos, die man zwar gerne hört, die aber leider keinen großen Wiedererkennungswert haben.
"Right Now" ist nach diesen ernsteren Stücken eine willkommene Abwechslung, typischer positiver Heartsdales-Sound, allerdings wesentlich entspannter als manch anderes Lied der beiden. Das Lied beschreibt ein angenehmes Lebensgefühl, eine Motivation zum Weitermachen ("Heartsdales we keep it bubblin', keep goin' on and on!"), was sich im folgenden Stück nicht ändert. "Rainy Days": Auch, wenn es mal nicht gut läuft, nicht aufgeben - "Though the rainy days are here". Das Lied beginnt übrigens mit Männergesang begleitet von Pfeifen und Klatschen, was die Botschaft des Liedes auf gelungene Art und Weise übermittelt. Man kann das Ganze nur schwer zuordnen, was wohl auch beabsichtigt ist, einerseits gibt es da die recht melancholische Melodie, dazu im Kontrast der ermutigende Text und der hoffnungsvolle Gesang (Die Worte "sunshine clears my tears away" beschreiben das ganz treffend..)
"Should Have What!?" ist wieder eine Zusammenarbeit, diesmal mit der Sängerin DOUBLE. Der Song ist ein typischer, recht westlich klingender R&B-Song, dem DOUBLE J-Pop Flair verpasst. Danach kommt Jewels Interlude ("Radio Freestyle") und schließlich das Lied, welches jeder Heartsdales-Fan kennen sollte: "Block Shot Hustlaz". In dem Song wirken neben den Schwestern auch Janboman und F.U.T.O mit, wie im Song auch erwähnt wird also eine E.S.P.-Connection (E.S.P., also espionage records, ist ein japanisches Urbanlabel, welches von VERBAL gegründet wurde und junge Künstler aus dem Hip-Hop Genre unterstützt). Wer die Heartsdales bisher für ein harmloses Popduo gehalten hat, wird hier eines besseren belehrt, das Lied ist nämlich aggressiv, gewollt böse und hinterlässt ganz schön Eindruck, wenn auch nicht unbedingt positiven - schön wär's, wenn das Ganze eine Parodie wäre. Trotzdem kann auch ich mich den schnellen Beats und den eingängigen Raps nichts entziehen. Erstes Indiz für die Härte dieses Liedes: Rum darf nicht singen (Oh Schreck)! Stattdessen übernehmen den Refrain Janboman, F.U.T.O und Jewels. Und der Text sagt eigentlich schon alles: "Homie, you show me [show me].. High grade dashitoke burning.. Homie, you shot me [shot me]" und "(...)" takin' all your money like this".. Ja, diese Vier kommen wirklich von der Straße (.. nicht). Okay, halten wir fest: Das Lied ist kein bisschen authentisch und auch nicht besonders cool, aber die Leute von espionage sind musikalisch gesehen (auf dieses Genre bezogen) einfach Genies und deshalb hat dieses Lied seinen ganz eigenen Charme, man sollte es bloß nicht ganz so ernst nehmen.
Bei "Ooh Wah!" kommt dann (Ähnlich wie bei dem Lied "Bailamos?", welches ein wenig später erschien) Strandstimmung auf, etwas, was die Heartsdales auch gut können: Spanisch klingende Refrains (Diesmal singen sie zwar nicht in der Sprache, dennoch wird das Flair gut übermittelt) die eine angenehme Stimmung übermitteln. Dazu dann ausnahmsweise neben Synthesizern auch eine Akustikgitarre, der Song überzeugt schon nach dem ersten Durchlauf. Nach der ersten Single "So Tell Me" im DJ fumiya Remix, dem eher seichten Lied "What's My Name?" (Wie viele ihrer Kollegen und Kolleginnen, auch aus Korea, benutzen die beiden hier den Spruch "ladi dadi we likes to party", ist das falsche Englisch Absicht, oder haben die beiden hier ihre amerikanischen Wurzeln - mal wieder - vergessen?) und dem genialen Deckstream Remix vom Partysong "Baby Shine feat. AI" folgt "Wet'n Wild", eine Zusammenarbeit mit SUITE CHIC. SUITE CHIC ist das Alter Ego von Popsängerin Amuro Namie, die in diesem Projekt ihre R&B-Wurzeln entdeckte und in jeder Veröffentlichung mit namenhaften Künstlern zusammenarbeitete (Auch wenn Namie das Zentrum dieses Projektes ist, würde ich es eher als Kollektiv bestehend aus zahlreichen Musikern bezeichnen). Mittlerweile existiert SUITE CHIC nicht mehr, als "Sugar Shine" veröffentlicht wurde, war sie jedoch noch aktiv und wirkte ausnahmsweise solo an diesem Lied mit. Wieder hört man deutlich den Einfluss von VERBAL und das Lied klingt weniger nach SUITE CHICs Stil, was dem ganzen aber keinen Abbruch tut. Sicherlich nicht das beste Lied des Albums, aber ein netter Partysong, auch wenn 'feat. Amuro Namie' hier meiner Meinung nach passender gewesen wäre, weil sie dem Lied eher einen Popeinfluss verleiht und nicht den für SUITE CHIC typischen R&B Klang.
"Woman" entlässt einen schließlich auf angenehme Art und Weise, noch einmal ein wenig ruhiger und nachdenklicher, ein Lied über die Weiblichkeit und das Leben an sich, versehen mit Texten die Mut machen sollen und das auch schaffen. Nakanishi Keizos Gesang im Refrain ist sehr beruhigend nach den zuletzt eher aufwühlenden Songs und rundet das Lied, nein, das ganze Album perfekt ab.
Insgesamt ist das Album definitiv empfehlenswert, die Musik der beiden war zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht ganz ausgereift aber meiner Meinung nach durchaus gut. Ich fand ihre Eigenständigkeit und ihren Stil toll, den sie im Laufe der folgenden Jahre leider immer mehr verloren haben, ihre Musik wurde immer trivialer und kitschiger, bis sie sich irgendwann gar nicht mehr von den 0/8/15 Sängerinnen unterschieden, die man in Japan sooft findet - schade!