Review

XIII FILE Vol.1

05/07/2010 2010-07-05 00:42:00 KoME Autor: Viktor Hemminger

XIII FILE Vol.1

Die 13 auch mal wieder als Glückszahl

Album CD

XIII FILE Vol.1

Chaos System, Dangan Shoujo, EllDorado, SaTaN, Schwein, TOKIO

Künstler: Diverse Künstler
Titel: XIII FILE Vol.1
Typ: Omnibus Album
Veröffentlichung: Februar 2010
Stil: Rock / Metal
Bewertung: 8.4 / 10

Trackliste:

01. chaos system - FLASH BACK
02. Schwein - ugly
03. SaTaN - The Revenge of Toys
04. dangan shoujo - genei hana
05. kalvary - Sugarnoise
06. Panic Channel - EMERALD
07. L’eprica - Sephirotic tree
08. -toki- - nemureru mori...
09. DISH - Honey don’t cry
10. CROSS BREED - SHADOW
11. BALLAD. - cineraria
12. ElDorado - Nostalgia
13. Deflina Ma’riage - True

In der heutigen Zeit sind Omnibus-Alben, bei denen wenigstens die Hälfte auf dem Papier interessant klingt, relativ rar geworden, zumindest wenn man abseits der bekanntesten Gruppen sucht. Umso erfreulicher ist es, dass es immer noch Indie-Labels gibt, bei denen der Chef selbst Musiker ist und einfach mal den kompletten Freundeskreis einlädt. Da der Großteil der Bands sich der allgemeinen Bekanntheit entzieht, weiß man auch nicht, was man zu erwarten hat. Also packen wir’s an.

chaos system machen den Anfang. Nachdem sie eine Ewigkeit untergetaucht waren, kam nicht nur deren Rückkehr überraschend, sondern auch so schnell neues Material. Und bei den ersten Tönen fragt man sich spontan, warum man so lange ohne sie leben konnte. Metal-Riffs und herbe Growls prügeln sich den Weg durch den Äther, verfeinert mit der schon immer interessanten Stimme von Kyouka (ex- Aliene Ma’riage). Doch der gute Mann konnte es nicht lassen, seinem Namen - die Kanjis übersetzt bedeuten in etwa 'irre Blume' - gerecht zu werden und fügte noch ein paar Irrenschreie in die Komposition ein. Sei’s drum, ein gelungenes Comeback. Als zweite kommen die notorischen Arbeitsverweigerer Schwein aus Nagoya. Nach ihrer großartigen Debütsingle war es ja ziemlich ruhig um das Quartett geworden. „ugly“ schließt direkt an die Single an und gibt ordentlich Zunder. Metal mit einem Schuss Psychedelic Rock, kompromissloser Gesang und dröhnendes Schlagzeug. Spätestens zur Mitte, wo der Gitarrist sein Solo auspackt, möchte man die Jungs dezent darauf hinweisen, dass eine weitere Single mehr als überfällig ist. Der Song ist verdammt simpel, aber seit wann ist Metal kompliziert? Gut. Die Flatline am Ende hätte man sich sparen können. Aber das ist auch die einzige Mängelrüge.

SaTaN sind sowieso schon immer ein Sonderfall gewesen. Hier haben sie einen satanischen Kindersong im Angebot. Wenn man den Song schon „The Revenge of Toys“ nennt, muss man wissen, welch geistige Abart einen erwartet. Und das Geniale ist: man wird vorzüglich unterhalten. Ein wenig Cradle of Filth gepaart mit Engrish und fertig ist ein kleiner Horror-Rock-Song. dangan shoujo weichen vom eher metallastigen Anfang zu konventionelleren Tönen ab. Hat etwas von den Stilen von Matina und Key Party - zwei der bekanntesten Indie Labels Ende der 90er. An und für sich ist der Song ziemlich von der Stange, also keine großen Überraschungen und klingt vertraut, aber zumindest ist er sehr kurzweilig.

kalvary sind eine recht interessante Band, die trotz ihres sehr alltäglichen visuellen Auftretens - im Sinne von 'so läuft im VK jede zweite Band herum' - ein gewisses Maß an Niveau präsentieren. Nach gesprochener Strophe bringen der Refrain und die folgenden Strophen mehr Melodie in den Song, was diesem sehr gut tut. Obwohl dies eigentlich als Todesurteil für gute Bands gelten muss, muss man sagen, dass der Song sehr radiotauglich ist. Mit ein wenig Glück könnte der leicht melancholisch-verträumte Rock-Stil den Jungs eine erfolgreiche Zukunft weisen. Und wenn man nicht davor zurückschreckt, auch mal Klavier in seine Songs einzufügen, sollte der Majorvertrag schon per Eilzustellung unterwegs sein. Aber so viel Glück werden die Jungs wohl nicht haben. Panic Channel beweisen sich überraschend auch als Klaviervirtuosen, womit sie den bisher interessantesten Anfangs-„Riff“ präsentieren. Danach geht es eine Prise wüster zu. Nicht so hart wie die ersten drei Bands vom Album, aber doch härter als das kurze Melodie-Intermezzo, zumindest instrumentell. Gesanglich ist der Vokalist bei den eigenen Liedern aus den frühen Jahren wildern gewesen. Etwas vertraut kommen einem die Strophen vor, dafür mühen sich die Saitenzupfer stellenweise ein wenig mehr. Insgesamt bleibt der Song aber doch eher harmlos. Geschmackvoll, aber nicht gerade überdauernd im Gehirn.

L’eprica sind ein unbeschriebenes Blatt. Obwohl offiziell bereits seit 2004 mal mehr mal weniger aktiv, kann man mit dem Namen so rein gar nichts verbinden. Die Musik beginnt sehr ruhig und sehr schwermütig. Der Gesang begleitet die hypnotische Gitarre und das auffallend hervorstechende Schlagzeug optimal. Der Sänger erzählt seine „Geschichte“ ohne die anderen Musiker zu übertönen, woraus das Lied eine ziemlich gute Atmosphäre erschafft. In bester DIR EN GREY Manier werden die Emotionen vom Sänger im Refrain sehr melodisch aber bestimmend auf den Hörer losgelassen. Wenn man mal richtig „gut“ drauf sein sollte, sollte man das Gitarrensolo meiden, es könnte einem gut und gerne den Gnadenschuss geben. Ohne die anderen Songs schlechter erscheinen zu lassen, ist das hier der emotional gelungenste Song auf der bisherigen Platte. -toki- bewegen sich mit ihrem Intro irgendwo zwischen den neueren MUCC-Stücken und Jack Johnsons Surfer-Rock. Die Akustikgitarre bietet die perfekte Untermalung unter den einfachen Song. Leider geht das melodisch-melancholische Gefühl etwas verloren, wenn die Jungs nach einer Weile die E-Gitarre auspacken. Man kann damit leben, aber bei einem „schlafenden Wald“ (so in etwa der Titel) hätte man sich etwas anderes vorgestellt. Nachdem die Musik noch einmal akustisch dargeboten wurde, gibt die Band ein wenig mehr Emotionen in ihre Gitarren, weshalb die zweite Auflage des „Rock im Wald“ deutlich gelungener rüberkommt. Interessant, aber nicht umwerfend.

DISH sind ein Duo mit sehr interessanten musikalischen Vorlieben, was man so nicht unbedingt aus dem Anfangsriff heraushört, aber spätestens bei der Strophe begreift, wie man die Smashing Pumpkins mit MISFITS kreuzen kann. Der Gesang ist Emotion pur, während die musikalische Untermalung auch gut die Rockgemeinde erfreuen könnte. Das Lied ist sehr eigenwillig, weil man keinen genauen Flow feststellen kann, aber dennoch alles perfekt zusammenpasst. Der Sänger ist mit dem Organ zu deutlich höherem berufen. Vielleicht kommt das noch. Wenn der Rest von den Jungs annähernd das Niveau halten kann, dann sollte man auf die beiden ein Auge haben.

CROSS BREED haben einen interessanten Auftakt, jedoch wird es danach etwas seichter. Der Gesang will nicht so recht mit der Musik harmonieren, zumindest in den Strophen. Er ist zwar der erste auf der Platte, der nach sphärischen Tonhöhen greift, aber das zahlt sich nicht wirklich aus. Man kann es hören und auch durchaus zu großen Teilen genießen, aber ein unerklärlich fader Beigeschmack schwirrt doch im Hinterkopf herum. Irgendwas passt bei dem Song nicht zusammen. BALLAD. bemühen wieder mal den Metal. Die erste halbe Minute lädt zum Headbangen gerade zu ein. Der Gesang ist etwas zu freundlich geraten für die Art von instrumenteller Begleitung. Die vielen Tempowechsel haben was von lynch. wenn auch der Gesang nicht so mitreißt wie bei dem Vorbild. Aber auch hier kriegt man ein gutes Gitarrensolo geliefert. Irgendwie scheinen die Jungs auf der gesamten Platte Oldschool-Fanatiker zu sein. Insgesamt passt der Song, wenn auch hier ebenfalls ein paar Verbesserungsvorschläge zu machen wären. Aber die Band scheint ja noch recht jung zu sein. Bis Mitte letzten Jahres hießen die noch Outlaw. Das könnte noch was werden.

Dem Song von ElDorado merkt man sein Alter gerade zu an. Es hört sich sehr nach Ende der 90er an. Hohes Tempo, Pop-Rock bis zum Abwinken und halt voll auf „Wir wollen Major werden“ gebürstet. Passt irgendwie so gar nicht auf das Album, auch wenn es an und für sich ein gelungener Song ist. Alles ist eine Spur zu weit gedacht und überproduziert, die „Seele“ fehlt da irgendwie. Und schon sind wir beim letzten Song angekommen. Auch hier klingt alles durch das höhere Tempo und die etwas zu muntere Stimmung nicht wirklich passend zum Rest. Kaum zu glauben, dass dahinter die selben Masterminds standen wie beim neuen chaos system Song. Unterhaltsam ist er ja, und gut strukturiert auch, trotzdem weigert sich das Unterbewusstsein sich diesem Stimmungswechsel zu beugen.

Fazit:
Ein großartiges Album mit kleineren Mängeln. Würde man die letzten beiden Songs von der Platte entfernen, könnte man spontan eine 8.9 geben. Aber wie gesagt einfach nur aus dem Grund, dass sie nicht so recht dazu passen. Vielleicht auch deswegen, weil die beiden Songs aus einer anderen „Epoche“ stammen. Die Szene ändert sich recht schnell und so manche populäre Strömung von vor drei Jahren könnte heute unpassend sein. Hätte man vielleicht bedenken sollen. Nichtsdestotrotz, es gibt keine Totalausfälle auf dem Album, was für ein Omnibus fast schon obligatorisch ist. Ein paar Songs sind vorzüglich, andere ausbaufähig und alle insgesamt doch mehr oder weniger geglückt. Definitive Kaufempfehlung. Eigentlich für alle die, nicht nur auf Pop stehen.
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Zugehörige Künstler

Zugehörige Veröffentlichungen

Album CD 2010-02-17 2010-02-17
Chaos System, Dangan Shoujo, EllDorado, SaTaN, Schwein, TOKIO
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